Andreas, du verantwortest bei Xella Digital Building Solution and Transformation (BIM). Was interessiert dich so an dem Thema?
So richtig begonnen hat das 2008 in Australien. Ich habe damals dort bei einem Generalplaner gearbeitet, der weltweit 1200 Menschen beschäftigte und viele Architekten suchte. Doch dann traf die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise auch Australien. Von heute auf morgen wurden viele Projekte eingestampft, viele Kollegen wurden entlassen.
Anfang 2009 nahmen wir an zwei öffentlichen Wettbewerben teil. Wir gewannen die Ausschreibungen für die Planung und den Bau von zwei Krankenhäusern und mussten von heute auf morgen ein geschlossenes BIM-Projekt auf Basis der BIM-Software Revit ein- und umsetzen. Erstmal war das eine Katastrophe, weil wir zwar schon in 3D modelliert hatten, aber nicht wirklich mit den Daten dahinter gearbeitet haben. Das war ein Sprung ins kalte Wasser. Aber da habe ich Blut geleckt.
Was hattest du studiert?
Ich habe in Wuppertal an einer kleinen Universität Architektur studiert, unsere Professoren haben 1996 viel Wert daraufgelegt, dass wir lernen dreidimensional zu modellieren. Hier ging es zwar erstmal um das Erstellen eines 3D-Modells, aber das war die Grundlage. Danach habe ich fünf Jahre in einem Architekturbüro gearbeitet – und war der Einzige, der in 3D modelliert hat.
Wuppertal, Australien - warum bist du danach zurück nach Deutschland gekommen?
Das Leben in Australien ist sehr lebenswert, jedoch ist man sehr weit weg von Familie und Freunden. Nach meiner Rückkehr habe ich 2011 in einem Kölner Planungsbüro angefangen. Wir haben damals Mehrfamilien- und Geschäftshäuser dreidimensional geplant. Aber das hatte wieder weniger mit BIM zu tun und wurde mir nach zweieinhalb Jahren zu langweilig. Also wechselte ich zu einem großen Generalplaner in Düsseldorf (aus Manchester). Das war perfekt! Dort konnte ich wieder das BIM-Tool nutzen, das ich aus Australien kannte. Wir haben Shopping Malls geplant, also echte Großprojekte. In den viereinhalb Jahren habe ich wertvolle Erfahrungen gesammelt, die mich für auf meine jetzige Arbeit vorbereitet haben.
Und dann hat Xella bei dir angefragt.
Ja, die niederländischen und belgischen Kollegen waren bei Xella damals die BIM-Vorreiter. Wir haben nicht mehr diskutiert, ob wir digital planen und bauen, sondern wie wir das noch verbessern können. Unser Ziel war: Wir wollen echte maßgeschneiderte Lösungen für die Baustelle anbieten!
Es war meine Aufgabe, BIM auch in andere Länder zu bringen. Gemeinsam mit den Kollegen vor Ort haben wir in Dänemark den Anfang gemacht und überlegt, wie wir als Xella den schon recht digital tickenden Markt bedienen können. Es dauerte nicht lange, bis die Kollegen in der Lage waren, aus digital geplanten Modellen heraus Angebote zu erstellen. Und das deutlich schneller. So nutzten wir den sogenannten Early-Mover-Vorteil und konnten BIM schnell etablieren.
Wie war das in Deutschland?
Eines hatte ich in all den Jahren gelernt: Du brauchst immer ein gutes Referenzprojekt. In Deutschland war das damals der Marissa Ferienpark in Niedersachen, den wir gemeinsam mit dem Projektentwickler und Bauunternehmer Alfred Köpke realisiert haben. Insgesamt sind dort 500 Wohneinheiten entstanden – fünf Standardhäuser, die 250-mal gebaut wurden, ein Mehrfamilienhaus, das 17-mal gebaut wurde. Wir konnten zeigen, dass digitale Planung einen echten Mehrwert liefert: Wir haben im Zusammenwirken mit unserer BIM-Planung und unseren Großformaten sechs Monate Bauzeit im Rohbau gespart. Das sind die Argumente, die alle verstehen.
Das war der Durchbruch?
Ja, danach folgten unendlich viele Besuche von Kunden vor Ort, die sich selbst überzeugen wollten und ich habe viele Seminare gegeben. Es ging Schlag auf Schlag: Im ersten Jahr haben wir insgesamt 60 Projekte realisiert – ein Umsatz von sieben Millionen Euro.
Und: Je mehr Projekte reinkamen, desto besser wurden wir. Wir sparten Zeit, weil weniger Abstimmung notwendig war, verschlankten Prozesse, reduzierten redundante Arbeiten drastisch. Mittlerweile legen wir den Fokus auf mittelgroße und Großprojekte, also Mehrfamilienhäuser, Typenhäuser, ganze Reihenhaussiedlungen.
Parallel haben wir unsere Teams aufgebaut, in Fortbildungen investiert, so dass sie die Software, mit der gearbeitet wird, beherrschen. BIM wird selbstverständlich.
Mittlerweile ist BIM in vielen Xella-Standorten etabliert. Was steht aus deiner Sicht hinter dem Erfolg?
Wir haben schnell verstanden, dass BIM nicht nur eine Software ist, sondern ein Prozess. Egal, in welchen Ländern – wir schauen immer wieder: Was können wir mit diesem Prozess noch bewirken, welche zusätzlichen Services können wir für unsere Kunden generieren? So sind z.B. auch die Xella Construction Services entstanden, die mittlerweile in Niederlande, Belgien und Polen etabliert sind.
Was schätzt du an Xella als Arbeitgeber?
Wenn du als Architekt in einem Planungsbüro arbeitest, dann sind die Gestaltungsmöglichkeiten meiner Ansicht nach schon eher beschränkt. Man wickelt ein Projekt nach dem anderen ab und hat wenig Zeit, sich auf neue Sachen zu konzentrieren oder mal den Blick schweifen zu lassen und neue Konzepte zu entwickeln.
Bei Xella ist es anders: Wir machen hier nicht nur diese Projektarbeit, sondern haben permanent einen Blick darauf, wie wir uns im Sinne unserer Kundinnen und Kunden weiterentwickeln können. Wie wir die Arbeit für sie noch einfacher, effizienter und nachhaltiger machen können. Deshalb beschäftigen wir uns mit neuen Technologien, prüfen, wie zum Beispiel Augmented Reality einen weiteren Mehrwert für unsere Kunden bringen kann.
Hast du eigentlich auch selbst gebaut?
Klar. Ich habe auch tatsächlich ein BIM-Projekt daraus gemacht und alles selbst modelliert. Das Modell habe ich auch für Analysen wie Kalkulationen, Sonnenverlaufsimulation und Visualisierungen herangezogen.