Theoretisch sind alle technologischen Voraussetzungen für die papierlose Baustelle gegeben, praktisch werden heute aber noch die meisten Bauarbeiten auf der Basis von 2D-Plänen ausgeführt. Diese statischen Konstruktionszeichnungen haben deutliche Nachteile: Lokal abgespeicherte Pläne ohne automatisierte Versionierungen führen dazu, dass Gewerke keine vollständigen Informationen haben und Aktualisierungen häufig nicht rechtzeitig berücksichtigt werden. Dadurch können leicht Fehler entstehen.
Im Rahmen eines Design-Build-Seminars haben Studierende an der Leibniz Universität Hannover daran geforscht, wie Bauwerke durch das Zusammenspiel verschiedener Möglichkeiten digitaler Technologien nicht nur geplant, sondern auch erstellt werden können, z.B. mithilfe von Augmented Reality und ohne weiterhin klassische Konstruktionszeichnungen zu gebrauchen. Was sind die Erkenntnisse? Was die nächsten Forschungsansätze?
Von der digitalen Planung zur digitalen Umsetzung
Xella möchte die Lücke zwischen digitaler Planung und analoger Umsetzung auf der Baustelle schließen und beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit dem Einsatz von Augmented Reality auf der Baustelle. So setzt das Unternehmen beispielsweise die Hololens2 in der Baustellenversion der Firma Trimble dazu ein, digitale Planungen zu visualisieren und auf der Baustelle einen Qualitäts-Check im Rahmen eines Soll-Ist-Vergleichs vorzunehmen. Dieses Verfahren wird bereits seit einigen Jahren u.a. in den Niederlanden, Deutschland und Polen angewendet.
Projektarbeit: Papierlose Baustelle
Die Studierenden an der Fakultät für Architektur und Landschaft unter der Leitung von Prof. Mirco Becker gehen nun gezielt einen Schritt weiter: Das Projekt "Papierlose Baustelle" schlägt einen neuen Ansatz in der Bauindustrie vor, bei dem ausschließlich der Computer bzw. Smartphones, Tablets und Head-Mounted-Displays über Augmented Reality für detaillierte und erweiterte Informationen während des Bauprozesses verwendet werden. Das Forschungsziel bestand darin, die Vorteile und den Einfluss der Augmented-Reality-Technologie auf den architektonischen Entwurfs- und Bauprozess zu erforschen.
Xella liefert Expertise und Ytong Planblöcke
Xella hat dieses Forschungsvorhaben mit praktischer Expertise und der Lieferung von Ytong Planblöcken P2 unterstützt. Im stark vereinfachten Projekt gegenüber der Ist-Situation auf der Baustelle wurde in Anlehnung an ein echtes Gebäude eine Steinskulptur aus 410 Planblöcken mit Hilfe eines Algorithmus geplant, die mit der Software Rhinoceros 3D und der Visual-Scripting-Umgebung Grasshopper erstellt wurde. Mithilfe des digitalen Modells wurden die erste Lage Ytong-Blöcke nicht nur auf der Grundfläche zunächst planungsgetreu platziert, sondern im Anschluss auch sukzessive trocken gefugt. Die Anordnung der Blöcke erfolgte mit Hilfe von Smartphones und drei Virtual-Reality-Brillen durch die Studierenden selbst. Die QR-Codes, mit denen manche Blöcke versehen waren, dienten als Anker für die Platzierung in der Realität.
Nach Fertigstellung der Skulptur wurde mithilfe der Unity Game-Engine für Smartphones eine Augmented-Reality-Umgebung geschaffen, die es den Besuchern der Baustelle ermöglichte, eine virtuelle Ausstellung der im Projekt erforschten Konzepte zu besuchen: Tafeln mit Bildern, Texte und Videos wurden hier angezeigt. Die Krönung des Projekts: Zusätzlich wurde ein Hologramm am bestehenden Demonstrator eingebaut, um das Potenzial für Bauerweiterungen zu visualisieren.