Wir schreiben das Jahr 2018: Xella setzt zum ersten Mal eine vielversprechende Innovation auf der Baustelle ein: Die HoloLens, eine digitale Spezialbrille, wird nicht zufällig in Belgien getestet. Schon damals ist es hier üblich, mit Auftraggebern über Cloud-Services zu kommunizieren und bei der Gebäudeplanung vorwiegend BIM-Methoden anzuwenden – also Gebäude digital in einem einzigen 3D-Modell darzustellen und vernetzt daran zu arbeiten. Dieses BIM-Modell auch auf die Baustelle zu bringen, blieb herausfordernd – die HoloLens sollte helfen.
Heute ist BIM verbreiteter denn je: „Nach den führenden Bauunternehmen springen mittlerweile immer mehr kleinere Firmen auf den Zug auf – wegen der Investments, die für die Umstellung nötig sind, zögern viele noch. Aber sie haben verstanden, dass sie durch digitale Planung schlicht Zeit und damit Geld sparen“, erklärt Stefaan Du-Tré, BIM-Manager für Belgien.
Im belgischen Markt hat sich Xella bereits seit langem als Experte für dreidimensionale Bauplanung etabliert: „Wir sind sehr akribisch bei der Vorbereitung jedes BIM-Projekts“, findet Du-Tré. „Unsere Beratung ist sehr intensiv, spart aber im Nachhinein viel Zeit. Durch unsere Beratung sind die Modelle am Ende optimal verwendbar und haben sogar noch einen positiven Einfluss auf die nachfolgenden Projekte. Es erfordert Engagement und Ausdauer, eine BIM-Zusammenarbeit aufzubauen und zu pflegen.“
Wofür nutzt der BIM-Vorreiter die HoloLens heute?
BIM ist eigentlich eine Methode, die vor allem vor dem Beginn neuer Bauprojekte angewandt wird. Momentan konzentriert sich BIM-Manager Du-Tré trotzdem darauf, auch über die Planungsphase hinaus digital zu bleiben: „Wir stellen oft fest, dass der Digitalisierungsgrad auf der Baustelle im Vergleich zur Planung noch sehr gering ist – deshalb haben wir als erster Xella-Standort die HoloLens getestet.“ Fünf Jahre ist das nun her. Ist die HoloLens eine Lösung, um BIM auf die Baustelle zu bringen? Wer sie trägt, sieht ein Mixed-Reality-Bild der realen Baustelle und virtuell geplanten Bestandteilen. „Nach reichlichem Testen lohnen sie sich für uns noch nicht zwingend. Die Batterieleistung reicht zum Beispiel noch nicht aus, um sie einen ganzen Tag zu benutzen.“ Auch sicherheitstechnisch hat Du-Tré Bedenken, denn es besteht ein erhöhtes Unfallrisiko auf einer Baustelle: „Die Projektionen beeinträchtigen die Realität teilweise sehr – es könnte zum Beispiel passieren, dass jemand durch eine geplante und noch nicht gebaute Wand abstürzt. Wir wollen nicht, dass sowas überhaupt passieren kann.“
Dennoch gehört die HoloLens immer noch zu Kundenprojekten dazu – sie wird nur für andere Zwecke genutzt: Zum Beispiel bei sicheren Führungen für Kunden. „Um das BIM-Modell auf die Baustelle zu bringen, könnte man aus meiner Sicht auch Smartphones oder Tablets nutzen – aber man weiß nie, was die zukünftige Technologie noch bringt.“
Exoskelette auf dem Vormarsch
Heute testet Xella Belgien andere Hilfsmittel am Bau: Den Innovationscampus „Living Tomorrow“ im belgischen Vilvoorde nahe Brüssel hat Xella selbst als offizieller Partner mit BIM-Methoden geplant. Bei der Installation der geschosshohen Ytong Innenwand-Elemente halfen am Tag der offenen Baustelle nun smarte Exoskelette erfolgreich dabei, die schweren Lasten zu tragen. Die Exoskelette stützen den Rücken und gibt den Mitarbeitern die nötige Stabilität.
Planen mit BIM und dem „Ravensburger-Syndrom“
Könnte Du-Tré sich für die Planungsarbeit noch etwas wünschen, so wären es mehr Standards für die BIM-Modelle. Denn gesetzliche Verpflichtung zum Einsatz von BIM gibt es in Belgien bisher nicht. Die vielen verschiedenen Ausgestaltungen machen Stefaan Du-Trés Arbeit manchmal mühselig. Das zeigt sich besonders bei den Modelchecks, in denen Du-Tré und sein Team die Modellierungen der Auftraggeber miteinander abgleichen: „Manchmal bekommen wir zwei verschiedene Modelle – ein architektonisches und ein bautechnisches.“ Beim Verschmelzen beider Versionen begegnen sie Duplikaten, die sich im Detail leider voneinander unterscheiden. Du-Tré nimmt es mit Humor: „Ich nenne das gerne ‚Ravensburger-Syndrom‘, weil es mich an Puzzles des bekannten Herstellers Ravensburger erinnert. Doch dafür sind wir da: Um alles am Ende in einem richtigen und einsatzbereiten BIM-Modell zusammenzugießen. Und unsere Kunden merken, dass wir ihr Projekt sehr genau nehmen. Sie schätzen diesen Service sehr.“