Welche Fortschritte können wir bei der Digitalisierung der Baubranche 2023 erwarten?
Meiner Meinung befinden wir uns jetzt in den Jahren der künstlichen Intelligenz (KI). Der große Fortschritt ist die bessere Analyse der vielen in den vergangenen Jahren gesammelten Unternehmensdaten. Jetzt werden wir sie gezielter und umfassender weiterverwenden. Die Künstliche Intelligenz hilft uns dabei, die Datenmengen richtig zu interpretieren, um noch wirtschaftlicher planen und bauen zu können.
Kannst du ein Beispiel nennen?
Wir arbeiten in Deutschland an vielen gemeinsamen Projekten mit Professor Michael Eisfeld von der FH Bielefeld, der hier bereits erste Erfahrungen sammelt. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz, aber auch schon mit Advanced Analytics und jeder Menge Daten lässt sich der Materialeinsatz bei Bauprojekten optimieren. Je mehr Daten hier zur Verfügung stehen, desto besser ist das Ergebnis. Es kommt hier auf die Qualität der Daten an – sprich: Sind alle Produkteigenschaften, Zertifizierungen usw. hinterlegt.
Für welches Thema wird KI am Bau gerade besonders wichtig?
Beim Thema Nachhaltigkeit: Die Kunden fragen nach den Zertifizierungen unserer Baustoffe. Da könnte Advanced Analytics enorm helfen. Nie war es einfacher, anhand der Daten aus dem Modell direkt zu erkennen, wie viel CO2 und Wasser in der Produktion verbraucht wurde. So lässt sich per Mausklick der CO2-Abdruck des gesamten Gebäudes berechnen. Künstliche Intelligenz wird hier noch weiter viel vereinfachen und effizienter machen.
Ein dritter Punkt wird bei AA oder KI häufig unterschätzt: Sie kann dabei unterstützen, interne Prozesse, Lagerhaltung und Geschäftsmodelle auf den Prüfstand zu stellen. Wo wird besonders effizient verkauft und was bedeutet das für die gesamte Gruppe? Eine solche Analyse hilft dir dabei Beziehungen herzustellen, die du im Kopf oder per Hand nicht herstellen kannst.
Welche Länder treiben die Digitalisierung am Bau besonders voran?
Ich sehe das größte Potenzial in den Niederlanden, Belgien und den skandinavischen Ländern, also Dänemark, Norwegen und Schweden. Das liegt an der Größe des jeweiligen Markts und daran, dass hier bereits seit Jahren überwiegend digital geplant und gebaut wird. Damit haben diese Länder schon enorm viele Projektdaten zur Verfügung, mit denen die KI weiterlernen kann
Gleichzeitig ist der Markt dort nicht so zersplittert. Zum Vergleich: In Deutschland hast du fast so viele Architekten wie im gesamten restlichen Europa. Der deutsche Markt ist ein sehr stark zergliederter, so dass du immer wieder Menschen finden wirst, die kein Interesse oder schlicht auch nicht die Größe haben, hier zu investieren.
Die baltischen Staaten holen ebenfalls kräftig auf, der Bauantrag zum Beispiel in Estland geht auch digital – in Deutschland gab es immerhin schon erste Tests in Dortmund zusammen mit der Ruhr-Universität Bochum.
Wie wichtig sind die politischen Rahmenbedingungen?
Ich erwarte, dass hier durch die BIM-Pflicht für öffentliche Gebäude, die Ende 2022 eingeführt wurde, einiges in Bewegung gerät.