Was sind derzeit die erfolgversprechendsten Projekte? Woran arbeiten Sie aktuell?
Schon jetzt sind unsere Porenbeton-Produkte kreislauffähig. Wir als Xella sehen uns verpflichtet, die Kreislaufwirtschaft weiter auszubauen. Unsere Aktivitäten gehen dabei in drei Richtungen:
Erstens, die Anpassung der Rezepturen unserer Produkte ohne Qualitätsverluste, zweitens forcieren wir Produktinnovationen und drittens setzen wir auf Open-Innovation-Projekte.
Viele Projekte befinden sich derzeit in der Pilotphase. Wir suchen Partner, müssen Stoffströme in Gang bringen, um Altporenbeton verfügbar zu machen und neue Verwertungswege etablieren. Die technischen Herausforderungen sind oftmals vergleichsweise einfach zu lösen.
Können Sie das an einem Beispiel verdeutlichen?
Wir arbeiten an einem „Granulatstein“, der zu großen Teilen aus Altporenbeton besteht. Aus diesem soll später unter anderem Katzenstreu hergestellt werden. Für ein solches Produkt benötigen wir natürlich geeignetes Ausgangsmaterial. Wir müssen also Aufbereiter identifizieren, die uns das dafür notwendige Material in den Mengen, die wir benötigen, zur Verfügung stellen können.
Es geht also auch darum, mehr Altmaterial verfügbar zu machen?
Ja. Produktions- und Verschnittreste aus unserer eigenen Produktion sind ein Wertstoff, der zerkleinert und sofort wieder der Produktion zugeführt wird – das machen wir bereits seit Jahrzehnten so. Allerdings: Mit dem in einigen Ländern etablierten System der Ytong Big Bags, mit dem wir seit 2015 Porenbeton-Schnittreste aus dem Neubau in die Xella-Werke zurückführen, erschließen wir in Deutschland gerade einmal 5 Prozent des auf Baustellen anfallenden Wertstoffs. Da sehe ich noch riesiges Potenzial.
Xella kooperiert auch mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) bei der Entwicklung eines neuartigen Bindemittels, das mit dem dort entwickelten „Resynergy“ Verfahren aus Altporenbeton hergestellt werden soll.
Ja genau. Der CO2-Fussabdruck von Porenbeton wird wesentlich durch CO2-Emissionen, die bei der Herstellung von Kalk und Zement entstehen, geprägt. Das ist die Stellschraube, an der wir ansetzen. In diesem Projekt wird untersucht, ob sich aus Abbruchmaterial – zum Beispiel Altporenbeton – ein Zementersatz herstellen lässt. Und zwar mit einem Verfahren, dass weniger CO2-intensiv ist als die klassische Zementherstellung.
Was sind aus Ihrer Sicht die derzeit vielversprechendsten Projekte für mehr Nachhaltigkeit?
Bereits aus den vorher genannten Projekten verspreche ich mir eine ganze Menge: das Erschließen von Altmaterial, die Anpassung von Rezepturen, die Entwicklung neuer Produkte im Granulatbereich und neuartige Bindemittel. Gleichzeitig arbeiten wir daran, weiter die CO2-Bilanz in der Produktion zu verbessern, indem wir an Substituten für die großen CO2-Treiber Kalk und Zement forschen.
Gleichzeitig gibt es spannende Ansätze zu Carbon Capture and Utilization (CCU), Carbon Capture and Storage (CCS) oder neue Verfahren zur Dekarbonisierung von Hochtemperaturprozessen. CCU bedeutet CO₂-Abscheidung und Verwendung, also die Abtrennung von CO₂-Abgasen und deren anschließende Nutzung als Rohstoff – zum Beispiel in der chemischen Industrie. CCS-Technologien hingegen haben zum Ziel, das abgeschiedene CO₂ dauerhaft in unterirdischen Lagerstätten zu speichern. Aber es ist noch zu früh, um vorherzusagen, welche der Technologien uns in diesem Jahrzehnt den Durchbruch bringen werden.