Moderne Architektur und sorgfältige Renovierung von historischen Gebäuden unter Denkmalschutz gehen normalerweise nicht Hand in Hand. Es gibt jedoch Ausnahmen, die zu außergewöhnlichen Ergebnissen führen. Ein Beispiel dafür ist die Galerie für zeitgenössische Kunst PLATO in Ostrava, die im Herbst 2022 eröffnet wurde. Sie wurde in den umgebauten Gebäuden eines ehemaligen Schlachthofs eingerichtet, der hier von 1881 bis in die 1960er Jahre betrieben wurde. Seit den 1990er Jahren verfiel die verlassene Anlage bis 2017 ein internationaler Architekturwettbewerb für die Umgestaltung ausgeschrieben wurde. Der postindustrielle Stil der Hallen bot sich dabei besonders für die Ausstellung von Kunst an.
Das schlesische Studio KWK Promes erhielt zunächst nur den dritten Platz im Wettbewerb um den PLATO-Sitz. Die Auftraggeber hatten Angst vor der Umsetzung ihres kühnen und technisch schwierigen Konzepts. Am Ende wurde jedoch doch der Vertrag mit dem Büro in Katowice unterzeichnet und die Vision der Architekten verwirklicht.
Ein alter Schlachthof mit Löchern wie ein Schweizer Käse
Die größte Herausforderung war die Anpassung der stark beschädigten Gebäude, die auf instabilem Boden standen. Nach dem Abriss weniger wertvoller Gebäude blieb das Grundgerüst des alten Schlachthofs erhalten, das aus vier Gebäuden besteht. Jahrzehntelang wurde der Backsteinkomplex von den Nutzern stiefmütterlich behandelt. Wertvolle Fassaden wurden mit willkürlichen Löchern durchbohrt - dort, wo eine neue technische Linie durchlaufen werden musste. Deshalb waren die bis heute erhaltenen Objekte stark durchlöchert.
Betonung des Unperfekten
Die Planer betrachteten die Mängel des Schlachthofs als Eigenschaften, die nicht versteckt, sondern betont werden sollten, um der Geschichte dieses Ortes eine weitere Ebene hinzuzufügen - so die Beschreibung des Konzepts der Hauptgestalter der Galeria PLATO - der Architekten Robert Konieczny, Michał Lisiński und Dorota Żurek von KWK Promes. Deshalb wurde beschlossen, die Löcher in der Fassade nicht zuzumauern, sondern mit modernem Beton zu füllen, der einen interessanten Kontrast zu den Ziegelfassaden bildet
Die Öffnungen in den alten Mauern brachten die Architekten auf eine weitere Idee – dort wo früher Tore und Türen die Löcher füllten, sollten nun insgesamt sechs rotierenden Betonwände eingesetzt werden. In den Ausstellungssälen und der Eingangshalle bieten die Wände Künstlern und Kuratoren völlig neue Ausstellungsmöglichkeiten. Die riesigen drehbaren Wände- die höchste ist über 6,1 Meter hoch, die breiteste fast 5,8 Meter- erforderten innovative Lösungen. Für ihre Bewegung sind elektrische Antriebe verantwortlich. Sie wurden unter jedem beweglichen Element in einer speziellen unterirdischen Kammer aus Stahlbeton untergebracht.
Dämmung ohne Beeinträchtigung der Ziegelfassaden
Die Erhaltung der Backsteinfassaden erforderte eine weitere wichtige Lösung. Der alte Schlachthof entsprach nicht mehr den modernen Wärmestandards. Auf der Suche nach einem Material, mit dem die Ziegelwände gedämmt werden konnten, ohne die historische Fassade zu beeinträchtigen, fiel die Wahl auf die mineralischen Multipor-Platten, die bei einer thermischen Modernisierung von innen sicher eingesetzt werden können und perfekt kompatibel mit Kalkputz. Ursprünglich war das Innere des Schlachthofs aus hygienischen Gründen mit Kalk getüncht. Die Designer kehren teilweise zu dieser Lösung zurück - heute sind weiße, mit Kalkputz überzogene Wände ein perfekter Hintergrund für die hier präsentierte Kunst. In den alten Schlachthofgebäuden mussten auch die oft bogenförmig abschließenden Fensterlaibungen gedämmt werden. Die leichten Multipor-Platten werden mit einem handelsüblichen Sägeblatt geschnitten und mit einer Kelle geschliffen - so lassen sich die Dämmelemente auch an komplizierte Wände oder Fensteröffnungen schnell und einfach anpassen.
„Für das Multipor-System sprachen auch die guten Erfahrungen, die wir auf unseren bisherigen Baustellen mit der Ytong- oder Silka-Technologie gemacht haben. Auch die technische Unterstützung durch Xella bei der Auswahl der Schichten und der geeigneten Dämmstärke war sehr hilfreich. Im alten Schlachthof wurden schließlich hauptsächlich Multipor-Platten mit einer Stärke von 125 mm verwendet“ - erklärt Michał Lisiński. Auch konnten einige Installationen in der Dämmschicht versteckt werden, bei welchen es in den Furchen der Ziegelwände nicht möglich war.
Die Betonung der Patina an den Fassaden in Verbindung mit innovativen, beweglichen Wänden macht die Galerie für zeitgenössische Kunst PLATO in Ostrava zu einem einzigartigen Bauwerk, dass dem künstlerischen Wert der Ausstellungsstücke im Inneren in nichts nachsteht. Die Erhaltung des historischen Bauwerks stellt einen beispiellosen Ansatz für die Renovierung von Denkmälern dar. Mehr über das Projekt erfahren Sie auf der Website von KWK Promes.
https://www.kwkpromes.pl/en/contemporary-art-gallery-plato/16788
Fotos:
großes Bild oben: Jakub Certowicz | andere Bilder: courtesy of KWK Promes Robert Konieczny studio