„In vielen Köpfen war noch vor einigen Jahren die Ansicht verbreitet, dass Sicherheit bedeutet, sich einigermaßen an die Vorschriften zu halten. Doch das reicht nicht aus.“ Marcin Mas ist als Xellas erster Lean Manager regelmäßig Gast in der Fertigung der polnischen Xella-Werke. Hier ist es seit mittlerweile fünf Jahren unter anderem seine Aufgabe, das Sicherheitsbewusstsein bei der Arbeit an den hochkomplexen Maschinen stetig zu steigern – gemeinsam mit den Mitarbeitern, anstatt über ihre Köpfe hinweg.
Das Stichwort heißt Lean Manufacturing, eine Methode, die in den 1950er Jahren in den japanischen Toyota-Werken entstanden ist. In erster Linie soll sie Wertschöpfungsketten und Prozesse in Fabriken möglichst effektiv gestalten und Verschwendungen vermeiden – in Xellas Fall vor allem mit dem Ziel, Arbeitsabläufe kontinuierlich sicherer zu machen. Marcin und sein Team begannen ihre Mission mit einem eher unterschwelligen Faktor: „Jede Arbeit, die das menschliche Individuum ausführt, passiert in einer bestimmten Umwelt. Und darauf hat das Management in den Fabriken einen maßgeblichen Einfluss“, weiß der Lean Manager. So erlauben zum Beispiel gut ausgeleuchtete Arbeitsplätze einen besseren Blick auf das eigene Tun. „Durch Arbeitsplätze, in die Xella viel investiert hat, haben wir schon viel verändert, erklärt Marcin. Die Arbeitsplätze in Polen wurden deshalb schon vor Jahren heller und moderner gestaltet – im Namen der Sicherheit und im Einklang mit den ESG-Standards von Xella.
Vom Ritual zur Gewohnheit
„Sowohl gute als auch schlechte Gewohnheiten entstehen, wenn wir etwas regelmäßig machen“, erzählt Marcin „Dieses menschliche Verhaltensmuster nutzen wir, um die Sicherheit in den Werken zu erhöhen: mit täglichen Ritualen.“ 2020 hat Xella Polen regelmäßige Meetings zu Schichtbeginn eingeführt, um die Kommunikation zwischen Schichtleitern und den Mitarbeitern zu verbessern und Sicherheitsaspekte in den Fokus zu rücken. Ende 2022 folgten die LoTo Trainingsboards. Diese sind eine bewährte Schulungsmethode im Lean Management, die vier Buchstaben stehen für „Lockout Tagout“. „Nach dem Lockout-Tagout-System als Arbeitsschutzverfahren werden alle potenziell gefährlichen Energien der Anlagen isoliert, verriegelt und markiert“, erklärt Marcin. Je penibler die Mitarbeiter in den Werken darauf achten, LoTo-Verfahren anzuwenden, desto besser können Unfälle vermieden werden.
In den polnischen Xella-Werken zeigen die LoTo Boards eine Übersicht der verschiedenen Stecker, Hydraulikschläuche und Ventile zeigen. Gemeinsam gehen die Mitarbeiter dort täglich verschiedene Abläufe durch. „Die Mitarbeiter beginnen also jeden Tag mit dem Thema Sicherheit – denn ein Ritual, das man jeden Tag vollzieht, wird bald zur Gewohnheit.“
Ein Schloss, ein Leben
Denn Unfälle können in den Fabriken fatale Folgen haben: Die massiven Sandsteinblöcke werden mit bis zu 250 Tonnen Druck gepresst. „Wir müssen uns bewusst sein: Wir gehören zur Schwerindustrie und arbeiten mit äußerst robusten Technologien“, fügt Marcin hinzu. Die Gefahr, die von schweren Maschinen ausgeht, sei mit vielen anderen Industriezweigen nicht vergleichbar. „Unser Motto ‚Ein Schloss, ein Leben‘ fasst prägnant zusammen, welche Bedeutung die täglichen LoTo-Treffen haben“, findet Marcin. Denn einfach sind die Abläufe an den Maschinen keinesfalls: Die komplexe Anlage verfügen oft über unterschiedliche Arten von Energie, die in Schach gehalten werden müssen. Sind auch noch Fremdfirmen beteiligt, kann es auch mal chaotisch zugehen. Damit auch in hektischen Situationen keine Fehler passieren, muss viel geübt und verinnerlicht werden – zum Beispiel über regelmäßige Schulungen, die die Mitarbeiter zusätzlich befähigen.
Sicherheit für die Liebsten zu Hause
Doch was bringt Mitarbeiter dazu, Sicherheit neu zu denken – teilweise nach Jahrzehnten im Betrieb und kurz vor der Rente stehend? Manchmal findet das Umdenken nicht in der Fabrik statt – sondern zu Hause beim Abendessen: „Wir alle gehen nach Hause und unterhalten uns über die Arbeit. Damit ist sie auch ein Teil des Lebens unserer Nächsten, von denen, für die wir eigentlich leben.“ Ein Mitarbeiter hat ihm kürzlich erzählt: „Seit 25 Jahren arbeitet er an der Schneideanlage. Und jetzt, mit all unseren Maßnahmen, die wir bei Xella tun, um ihm beim Aufbau eines sichereren Bewusstseins zu helfen, sagt ihm seine Frau, dass sie besser schläft. Sie schläft ruhiger.“ Gespräche wie dieses bleiben Marcin in Erinnerung – denn sie zeigen ihm, worauf es in seinem Job ankommt: „Polnischen Männer neigen normalerweise nicht zu Überschwang, weder verbal noch emotional. Aber wenn jemand kommt und sagt, dass er sein Verhalten geändert hat und nun sicherer unterwegs ist – dann hat meine Arbeit Sinn.“